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Häusliche Gewalt
Verfasst: 31.05.2007 20:19
von TK070784
Ich wollte hier mal ein Thema vorstellen und eure Meinung diesbezüglich hören. Wie man meinem Profil vielleicht entnehmen kann, arbeite ich bei den vielleicht nicht überall so beliebten "Grünen". Zur Zeit befinde ich mich noch in der Ausbildung, konnte aber schon öfters Erfahrung als "Streifenbeamter" u.ä. sammeln. Im Zuge eines Praktikums bei der Polizei auf einem Revier wurden wir abends gegen 23.30Uhr zu einer Häuslichen Gewalt gerufen. Bei der Ankunft bot uns dann folgendes Bild: die Frau kam uns im Flur mit ihrem Hund, einem Dackel entgegen, blutete aus Nase und Mund. Der Mann befand sich in der Wohnung, war stark angetrunken und war bereits mehrfach durch Häusliche Gewalt in Erscheinung getreten. Bei der anschließenden Befragung des Mannes und meiner Frage, wie denn die Verletzungen der Frau zustande gekommen sind, sagte er mir, ohne eine Miene zu verziehen und felsenfest von seiner Meinung und Ansicht überzeugt, dass die Frau über den Dackel gefallen sei. Ja is klar hab ich mir nur gedacht, schieb mal schön die Schuld auf den armen Hund. Und dann trat eine Situation ein, die ich als besonders schlimm empfand. Da hat der Mann die Frau verdroschen und was macht diese?Geht in die Küche, macht Tee und Schnitten, kommt zu ihrem Mann und sagt ihm: Hier mein Lieber is und trink mal schön.
Wir haben anschließend dem Mann ein Betretungsverbot der Wohnung für 14 Tage erteilt.
Keine drei Wochen später (fast)dieselbe Situation.
Ich war irgendwie in dieser Situation und danach echt ein wenig betroffen, zumal es auch meine erste Häusliche Gewalt war.
Da wird ein Mensch von einem anderen ständig geschlagen, ihr werden nicht nur körperliche Schäden, sondern vor allem seelische Schäden zugefügt und trotz alle dem halten die Opfer meist zum Täter.
Natürlich muss hier die durch die Angst hervorgehobene Abhängigkeit vom Opfer zum Täter berücksichtigt werden, aber trotz alle dem finde ich es eine sehr traurige Angelegenheit.
Deshalb hier meine Frage an euch: wie denkt ihr darüber oder habt ihr sogar so etwas schon mal selbst mitbekommen?
Verfasst: 31.05.2007 20:22
von Martin650
Willkommen in der Realität.
Re: Häusliche Gewalt
Verfasst: 31.05.2007 20:28
von robbywilliams
TK070784 hat geschrieben:
Deshalb hier meine Frage an euch: wie denkt ihr darüber oder habt ihr sogar so etwas schon mal selbst mitbekommen?
Ja.
Du solltest da aber besser mit erfahrenen Kollegen darüber sprechen. So machst Du Dich nur selber fertig. Und die Erfahrungen von den Leuten hier werden Dir wohl kein bißchen helfen oder?
Verfasst: 31.05.2007 20:33
von Martin650
Ich kann hierzu zum Glück nix beitragen, da mein Elternhaus, und auch meins jetzt sehr friedlich ist. Was man so am Rande mitkriegt ist aber wirklich erschreckend. Wenn ich ehrlich bin, will ich da garnicht drüber nachdenken. Nur darf man sich dann auch nicht wundern, wenn aus solchen Beziehungen dann beziehungsunfähige Menschen entstehen.
Re: Häusliche Gewalt
Verfasst: 31.05.2007 20:33
von TK070784
robbywilliams hat geschrieben:
Du solltest da aber besser mit erfahrenen Kollegen darüber sprechen. So machst Du Dich nur selber fertig. Und die Erfahrungen von den Leuten hier werden Dir wohl kein bißchen helfen oder?
natürlich hab ich schon mit erfahrenen Kollegen darüber gesprochen-ich mach mich damit auch nicht fertig-ich denke nur über gewisse Erlebnisse während des Dienstes nach und versuche darüber zu reden. Sicherlich werden mir die Erfahrungen von den Leuten hier nicht weiterhelfen. Ich will oder wollte ja nur wissen, wie ihr darüber denkt, z.B. naja dann ist das Opfer doch selbst schuld o.ä.
Gruß Thorsten
Verfasst: 31.05.2007 20:41
von TK070784
Martin650 hat geschrieben:Was man so am Rande mitkriegt ist aber wirklich erschreckend.
@Martin650
Damit hast du leider vollkommen recht. Mein geschildertes Beispiel wahr eher eins der harmlosen. Hab inzwischen auch schon ganz andere Dinger mitbekommen. Was bei solchen Vorfällen auch immernoch dazukommt, ist dass ein Einschreiten der Polizei meist mit Gewalt gegen die Polizisten versehen ist. Es kommt leider oft genug vor, dass Polizisten dabei mehr oder weniger schwer verletzt werden.
Verfasst: 31.05.2007 23:25
von Ronaan
Es kommt leider viel zu oft vor, dass die Opfer häuslicher Gewalt den Täter dann noch decken; aus Existenzangst oder aus Angst vor Racheaktionen.
Beneide Dich kein Bisschen, denn Du wirst es noch ein Vielfaches öfter mitkriegen als wir "normalen".
Verfasst: 31.05.2007 23:33
von Elin
Das Problem ist häufig, dass beide Partner ein niedriges Selbstbewusstsein haben, der eine mit einer aggressiven Grundhaltung, der andere mit einer passiven. Das ergänzt sich. Und solange keiner der beiden sein Selbstbewusstsein verbessert, ändert sich nichts an seiner Situation. Da hilft es auch meist nicht, den Partner zu wechseln, denn diese Leute ziehen wieder den gleichen Typus Mensch an, den sie gerade erst verlassen haben, quasi die korrespondierende Energie zu sich selbst.
Schlimm ist, dass meist beide auch das oben beschriebene wissen, aber nicht die Kraft und/oder den Mut besitzen, es zu ändern.
Verfasst: 31.05.2007 23:39
von k-rock
in meinem beruf als sozialarbeiter betreue ich ne menge leute..da hat wenigsttens jeder 2. häusliche gewalt erlebt als kind, man kenn ich da horrorgeschichten...da ich nur männer betreue hab ich aber keine opfer ehelicher gewalt als klienten....nur du kannst dich als cop von sowas nicht beeinträchtigen lassen im beruf genauso wie ich..gewalt ist de facto nunmal seit kain und abel vorhanden, und in deutschland isses noch längst nicht so crass wie in vielen anderen ländern....
Verfasst: 01.06.2007 1:14
von DER.s.m.a.r.t.y
Ich habe vor einigen Jahren in einem Mehrfamilienhaus über mir ein Paar wohnen gehabt, wo "häusliche Gewalt" fast an der Tagesordnung war. Meist hat er sie nur verprügelt, wovon wir allerdings wenig mitbekommen haben.
Man hats halt nur an ihren Wunden und Flecken gesehen, den Brandlöchern und den Gipsen.
Als wir sie drauf angesprochen haben sagte sie immer sie sei gestürzt, sei mit der Zigarette ausgerutscht etc.
Ich weiß nicht, wie oft wir die Polizei gerufen haben, wenn er sie vergewaltigt hat. Das waren die einzigen Male wo wir sie schreien und weinen gehört haben.
Aber sie hat brav hinter ihm gestanden und beteuert, wir würden uns da was einbilden, bei ihnen ginge es halt etwas heftiger zu...
Da fängt man schon fast an zu resignieren, und kommt sich schon total blöd vor, wenn man nachts die 110 wählt.
Eines Nachts, der Freund und Helfer war gerade mal wieder gegangen, ist er dann wohl völlig abgedreht. Hat sie gewürgt und ihr gedroht sie umzubringen, wenn die Polizei das nächste Mal anrückt. Sie hat wohl Panik bekommen und ist ins Treppenhaus geflohen, wo er sie dann vermöbelt hat. Mir ist die Hutschnur geplatzt und ich bin raus und hoch und ... naja, den Rest könnt ihr Euch denken.
Meine Freundin hatte wieder die 110 gewählt, als ich da hoch bin.
Als die Streife eintraf ist es dann alles aus ihr raus geplatzt, sie hat Anzeige erstattet.
Am Ende sind beide ausgezogen. Sie hat sich in psychiatrische Behandlung begeben, er für 4 Jahre hinter Gitter.
Heute spielt häusliche Gewalt auch häufig eine Rolle in meinem Leben.
An der Schule bekommt man immer wieder sowas mit, aber nicht nur Männer die Frauen, oder Kinder verhauen, häufig auch die Kinder selbst, die zu Hause die Eltern tyrannisieren, schlagen und mit Waffen bedrohen .
Gründe dafür, warum man so in diese Opferrolle verfallen kann, und keinen Weg herausfindet kann ich mir auch nur schwer vorstellen.
Den einzigen Tip den ich dir geben kann ist, leb es selber anders und lerne solche Dinge aus deinem Privatleben rauszuhalten, lerne abzuschalten.
Die Menschen sind so. Man fragt sich häufig, wie Menschen zu soetwas in der Lage sind, einander zu quälen, zu verletzen...
Antwort....ich kenne keine, ausser der Aussage meine Biolehrers damals..
"Auch der Mensch als intelligentes Wesen mit Moral und Ethik stammt letztenendes von einem Raubtier ab. Rudimentäre Instinke steuern ihn.
Wer hat sich nicht schonmal bei etwas ertappt, dass ein "gesunder Menschenverstand" ihm eigentlich verboten hätte."
Verfasst: 01.06.2007 12:02
von Bernd
Ich hab früher auch gedacht, warum gehen die Frauen nicht einfach? Nachdem ich mal zufällig den Film "Das brennende Bett" gesehen habe, weiß ich das jetzt.
Gruß
Bernd
PS: Hier mal ein Link zum Film
http://www.mediaculture-online.de/Filml ... 13c.0.html
Verfasst: 01.06.2007 12:24
von svbomber
Martin650 hat geschrieben:Willkommen in der Realität.
Einspruch, euer Ehren
Ich kenne auch das Gegenteil, mit allem drum und dran

Verfasst: 01.06.2007 16:47
von TK070784
DER.s.m.a.r.t.y hat geschrieben:
Den einzigen Tip den ich dir geben kann ist, leb es selber anders und lerne solche Dinge aus deinem Privatleben rauszuhalten, lerne abzuschalten...
Antwort....ich kenne keine, ausser der Aussage meine Biolehrers damals..
"Auch der Mensch als intelligentes Wesen mit Moral und Ethik stammt letztenendes von einem Raubtier ab. Rudimentäre Instinke steuern ihn.
Wer hat sich nicht schonmal bei etwas ertappt, dass ein "gesunder Menschenverstand" ihm eigentlich verboten hätte."
Selbstverständlich lebe ich es anders-ich hatte bin selbst früher sehr oft geschlagen worden-als die Situation vorbei war, hab ich für mich selbst geschworen, mein Leben anders zu leben und zu versuchen, für andere da zu sein und ihnen helfen zu können. Genauso hab ich mir geschworen, wenn ich mal Kinder haben, dass sie nicht das gleiche Schicksal erleben/erleiden wie ich.
Mein jetziger Beruf, so denke ich persönlich, ist hierfür ein guter Ausgangspunkt-ich weiß, vielen denken "oh Gott diese .......Bullen", aber erstens machen wir auch nur unsere Arbeit wie jeder andere Mensch auch der arbeitet und zweitens können wir auch vielen Menschen auf die ein oder andere Art und Weise helfen. Und deshalb bin ich liebend gerne in diesem Verein.
Natürlich trenne ich mein Privatleben von meiner Arbeit, nichts desto trotz muss man, um sich selbst nicht kaputt zu machen, über manche Erlebnisse einfach mal mit anderen Menschen reden. Ich möchte hier nochmal klar stellen, dass ich mich mit dem hier geschilderten Beispiel nicht fertig mache o.ä.
Ich wollte einfach nur mal wissen, wie ihr darüber denkt und ob ihr eventuell auch schon Erfahrungen diesbezüglich gesammelt habt.
Der geschilderte Fall ist nichts gegen andere Erlebnisse, die ich in meiner kurzen Zeit in der Polizei schon erlebt habe.
Naja ich hab mir diesen Job ausgesucht und dazu gehören nun mal sämtliche negative Erfahrungen. Denn leider kommt niemand zur Polizei und berichtet uns, dass bei Ihr/Ihm alles in Ordnung ist und es ihm gut geht.
@DER s.m.a.r.t.y
Die Aussage deines Lehrers ist mehr als treffend!!!
Gruß Thorsten
Verfasst: 01.06.2007 23:27
von karin
svbomber hat geschrieben:Martin650 hat geschrieben:Willkommen in der Realität.
Einspruch, euer Ehren
Ich kenne auch das Gegenteil, mit allem drum und dran


hö?
Wie soll "Frau" denn da rauskommen? Erstmal müsste sie sich selbst eingestehen, dass sie ein ernsthaftes Problem hat, dann müsste sie einen "einfachen" Ausweg finden.. jemanden, zu dem sie gehen könnte..
Einfach zum Nachbarn gehen und sagen: hey, hattest recht, der verprügelt mich regelmäßig?
Und dann die ganzen Sachen die das nach sich zieht..
Das muss der gesamten Familie erklärt werden ("Was werden bloß die anderen sagen?"), den Freunden und Bekannten...
Alle werden über einen sprechen... etc.
Ich kann das irgendwie verstehen.. einfach ist so ein Schrit bestimmt nicht.. und da es dann ja auch noch haufenweise "Kritik"hageln wird, die mit Sicherheit nur gut gemeint ist: "wieso hast du denn vorher nix gesagt?!", etc..
Ich glaube, dass dieser Schritt sehr sehr viel schwerer ist, als er einem Menschen mit "normalem" Selbstbewusstsein" verständlich ist..
Immerhin bekommt man ja von seinem 'Partner' mit Sicherheit auch nicht gesagt, dass man ernst genommen wird, wenn man zur Polizei geht.. und dass man auch ansonsten bestimmt ganz viel Verständnis von allen bekommt ..
Hm ..
Ich kanns verstehen und rate jedem, der so jemanden kennt, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern ihr/ihm einen vorsichtigen Weg daraus zuzeigen.. ihm/ihr zu zeigen, wie Beziehungen wirklich funktionieren.. dass er/sie für einen wichtig ist.. egal was passiert.. etc.
Hoffentlich kommt keiner von Euch jemals in so eine Situation..
(Und nun entschuldige ich mich mal für mögliche rechtschreibfehler.. die Tastatur ist leider nicht so ergonomisch wie meine.. )
Verfasst: 24.06.2007 19:54
von SuZu
Tach...
also dem "Willkommen in der Realität" kann ich nur zustimmen...
Wer in einem sozial schwachen Umfeld aufwächst und solche (und auch viel krassere) Angelegenheiten
direkt oder indirekt mitbekommt ist da fast schon "immun" auf äußerliche, psychische Einwirkungen wie das leid Anderer.....
Damit will ich nicht sagen das sowas nur in sozial schwachen Bezirken passiert, ich wollte nur drauf verweisen das du warscheinlich keine solchen
Erfahrungen vorher gemacht hast und jetz nicht weist wie du damit umgehen sollst...
mfg Suzu