Bevor es Heulen und Zähneklappern gibt...hatte schon die Suchfunktion benutzt und nichts Adäquates gefunden. Und da dachte ich mir, an dieser Stelle mal wieder meinen Senf und alles weitere Überflüssige einbringen zu können!
Letztens war ich mit meiner Schwatten in der Werkstatt und wollte die Gelegenheit nutzen, mal wieder ein Moped zu bewegen, welches ich noch nicht kenne. Ursprünglich hatte ich die 1290er Super Duke von KTM im Sinn, aber irgendein Honk hatte sich für diesen Tag schon reservieren lassen. Grrrr...

Okay, also schnell nach Alternativen umgesehen und dabei die BMW F800GT gefunden. Da ich außer der 800er GS noch nichts aus dieser Baureihe angetestet hatte (und dieser Typ Moped mir nun wirklich nicht liegt...), war sie die Auserwählte.

Ein nicht a allen Stellen ernst zu nehmender Fahrbericht...
Design:
Für BMW-Verhältnisse ganz gut gelungen. Abgesehen von dem Styling-Unglück des Karl-Dall-Blickes, der sich anscheinend durch den Missbrauch bewusstseinserweiternder Drogen mit abschließend krachend durchgefallen Resozialisierungsversuch aller Mitarbeiter der Design-Abteilung ergeben hat und aus dem augenscheinlich keiner der Verantwortlichen einen Weg zurück weiß, ist die GT gefällig gezeichnet. Klar ist das kein Optik-F**k, aber das darf man in dieser Klasse, in der Vernunft ganz oben im Lastenheft steht, auch nicht erwarten. Sehr schön finde ich Einarmschwingen, die sich auch an diesem Moped gut macht. Der "Tank" ist lediglich eine Attrappe und besteht unter anderem aus einer großen Kunststoffabdeckung. Beim hilflosen Versuch, meine kleine Damenhandtasche mittels Magneten dort anzudocken, habe ich etwas sparsam geschaut. Ich schweife schon wieder ab...Das Ofenrohr ist meiner Meinung nach viel zu groß, aber da findet sich die Berlinerin in bester Gesellschaft mit anderen aktuellen Mopeds wieder. Kann man ja tauschen...

Ach ja...und der Pinkelbecher ist so exponiert angebracht, dass er dort unangenehm auffällt.
Ergonomie:
Aufsitzen. Passt sofort ziemlich gut, nur der Lenker könnte für mich etwas breiter sein. Ja, ich gebe zu, dass ich eine unheilbare Schwäche für Superbikelenker habe und davon nicht mehr loskomme.

Rasten sind in angenehmer Lage, die Hebeleien gut zu erreichen. Beide Hebel sind nicht einstellbar, lagen bei mir aber gut zur Hand. Die Spiegel haben recht kurze Ausleger, bieten aber ein wirklich anständiges Bild vom rückwärtigen Geschehen - und das ist selbst bei touristischen Mopeds nicht selbstverständlich. Die Sitzbank ist sehr bequem und ausreichend groß. Ich habe die Stufe zum Sozius nicht gespürt, da ich etwas weiter vorne gesessen habe. Ich fürchte aber, dass die Bank für lange Touren (und solche mache ich gelegentlich...) zu weich sein könnte. Das konnte ich aber auf der knapp vierstündigen Tour nicht herausfinden.
Motor:
Ja, ja, ja! Das wird ja immer als erstes gelesen, wenn es um Beurteilungen von Zweirädern geht...also los... Startknopf gedrückt und...und...und...

Das Teil klingt wie 'ne Mischung aus Großroller und Kleinboxer.

Jau, ich weiß, dass der Reihentwin wie'n Boxer klingen soll - aber doch nicht sooo mau! Die große GS klingt doch inzwischen dank Auspuffklappe auch ziemlich vulgär (für BMW-Verhältnisse!) - aber hier...

Okay, also lieber fahren als horchen. Das Getriebe schaltet mit leisem Klack und ist sehr präzise. Auch beim schlusigsten Schalten habe ich keinen Leerlauf erwischt oder laute Geräusche vernommen. Selbst das Schalten in den ersten aus dem Leerlauf ging überraschend leise und vor allem leicht vonstatten. Allerdings empfand ich die Übersetzung als zu lang. Im 6. Gang liegt die Drehzahl ca.10% unter der der Kilo-SV. Da das Getriebe sportlich eng gestuft ist (ist das bei einem Tourer denn wirklich nötig?), bin ich alle Fahrsituationen eine Gangstufe niedriger als bei meinem Moped angegangen. Der Motor schiebt ordentlich von unten, selbst im letzten Gang kann man ab 2.000 U/min. problemlos den Hahn aufreißen, ohne dass sich der Antrieb unwillig schütteln würde. Der Durchzug ist satt und wird dem Hubraum gerecht. Für Umsteiger von der 650er SV zaubert das bestimmt ein fettes Grinsen ins Gesicht.

Aber selbst für Umsteiger aus der 1l-Klasse ist der Vortrieb ausreichend satt. Der Motor zieht das ganze Drehzahlband bis ca. 8.500 U/min. recht gleichmäßig durch - mit einem kleinen Extraschub ab 6.000 U/min. Vibrationen gibt es kaum, und die, die man spürt, sind nach meinem Empfinden nicht kernig genug. Dieser Motor ist eindeutig in Richtung Komfort entwickelt worden und mit Sicherheit kein typischer Vertreter der 2-Zylinder-Garde. Ab 4.500 U/min. werden die Vibrationen spürbar stärker, gehen aber immer noch eher in Richtung kribbeliger 4-Zylinder. Die Gasannahme ist direkt, aber nicht nervös - sehr angenehm. Der Verbrauch lag bei touristischer bis sportlicher Fahweise bei knapp 4,5l!

Ein aus meiner Sicht sehr gelungener Motor, wenn er auch nicht meinen Geschmack trifft. Mir fehlt es etwas an emozione! Ansonsten aber: gut gemacht!
Fahrwerk:
Jau - das war die Abteilung "staunen und wundern" für mich!

Es ist für mich unfassbar, was in zehn Jahren Zweiradentwicklung passiert ist - und wie gut BMW meiner Meinung nach seine Hausaufgaben gemacht hat.

Vom ersten Meter an hat sich die Fuhre sehr vertrauenerweckend angefühlt, nach wenigen Kilometern fühlt ich mich auf ihr so zuhause, dass ich mit gleichem Elan wie mit meiner Schwatten unterwegs war (Achtung: der Schreiberling dieser Zeilen neigt zuweilen zu schwuchteligem Fahrverhalten beim Durcheilen von Kurven und darf nicht als Maßstab für heldenhafte Herbrenner in Tateinheit mit dem Vernichten von Fußrastenauslegern und Schleifpads auf Knien und Ellenbogen herhalten!). Das Fahrwerk ist relativ komfortabel, ohne dass es an präziser Straffheit fehlen würde. Beim scharfen Bremsen taucht die Gabel nicht unnötig weit ein - wobei sich hier im Anschluss wieder mal die Frage stellt, warum BMW weiterhin dem Telelever treu bleibt?

Das Moped lässt sich spielerisch aus der Mittellage heraus in Schräglage bringen und fühlt sich dabei sehr souverän an. Wechselkurven gehen ebenfalls sehr leicht von der Hand. Habe gerade noch mal geschaut: wenn man den Katalogen glauben darf, sind es gerade einmal vier Kilogramm Gewichtsunterschied zwischen der Spandauerin und der Kilo-SV.

Egal wie viel Kohle ich schon in das Fahrwerk der Schwatten investiert habe - sie ist weit von der Leichtfüßigkeit und Souveränität der BMW entfernt. Dass ich
das mal über eine BMW schreiben würde...

Es gibt einen Lenkungsdämpfer, den ich währen der ganzen Fahrt nicht bemerkt habe - so soll's sein!

ABS? Funktioniert!

Ich durfte es gleich nach 500 Metern (!) testen, als mir auf einem asphaltierten Feldweg ein 7,5-Tonner mit optimistischer Linienwahl auf meiner Seite entgegnen kam.

Die Vorderradbremse hat einen klaren Druckpunkt und ist gut zu dosieren, ohne zu aggressiv zu sein. Das passte mir ebenfalls sehr gut. Eine Hinterradbremse ist auch vorhanden und macht zumindest etwas mehr Eindruck als die der SV.
Alltag:
Es gibt einen Hauptständer - und das trotz des Riemenantriebs. Ich habe mich inzwischen an das Fehlen eines selbigen bei aktuellen Modellen gewöhnt und kann deshalb gar nicht mehr beurteilen, ob dieser nötig wäre.

Bei einem Ketten-getriebenen hingegen... Der Tank ist aufgrund des geringen Verbrauchs mit 15l ausreichend groß, so dass man gut 300 Kilometer am Stück schaffen sollte. Die Gepäckbrücke sowie zahlreiche weitere Möglichkeiten durch Befestigungspunkte für Gurte sind ebenfalls lobend zu erwähnen.
Fazit:
Ja...und nein!

Ein erstaunlich "perfektes" Moped hat BWM da auf die Beine gestellt. Und das ist - für mich zumindest - das Ausschlaggebende dafür, dass dieses Modell für mich nicht in die engere Wahl kommen würde. Es fehlt am Ende etwas an Emozionalität. Aber das werden die Macher mit Sicherheit nicht im Blick gehabt haben. Zum Posen ist das Teil eh nicht gedacht, und so werden es die "Vernunftkäufer" sein, die der Hersteller damit anspricht. Und für die - passt dieses Teil ganz hervorragend!