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Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 9:54
von Teo
Bevor es Heulen und Zähneklappern gibt...hatte schon die Suchfunktion benutzt und nichts Adäquates gefunden. Und da dachte ich mir, an dieser Stelle mal wieder meinen Senf und alles weitere Überflüssige einbringen zu können! :wink:

Letztens war ich mit meiner Schwatten in der Werkstatt und wollte die Gelegenheit nutzen, mal wieder ein Moped zu bewegen, welches ich noch nicht kenne. Ursprünglich hatte ich die 1290er Super Duke von KTM im Sinn, aber irgendein Honk hatte sich für diesen Tag schon reservieren lassen. Grrrr... :( hell Okay, also schnell nach Alternativen umgesehen und dabei die BMW F800GT gefunden. Da ich außer der 800er GS noch nichts aus dieser Baureihe angetestet hatte (und dieser Typ Moped mir nun wirklich nicht liegt...), war sie die Auserwählte. :) love Ein nicht a allen Stellen ernst zu nehmender Fahrbericht...

Design:
Für BMW-Verhältnisse ganz gut gelungen. Abgesehen von dem Styling-Unglück des Karl-Dall-Blickes, der sich anscheinend durch den Missbrauch bewusstseinserweiternder Drogen mit abschließend krachend durchgefallen Resozialisierungsversuch aller Mitarbeiter der Design-Abteilung ergeben hat und aus dem augenscheinlich keiner der Verantwortlichen einen Weg zurück weiß, ist die GT gefällig gezeichnet. Klar ist das kein Optik-F**k, aber das darf man in dieser Klasse, in der Vernunft ganz oben im Lastenheft steht, auch nicht erwarten. Sehr schön finde ich Einarmschwingen, die sich auch an diesem Moped gut macht. Der "Tank" ist lediglich eine Attrappe und besteht unter anderem aus einer großen Kunststoffabdeckung. Beim hilflosen Versuch, meine kleine Damenhandtasche mittels Magneten dort anzudocken, habe ich etwas sparsam geschaut. Ich schweife schon wieder ab...Das Ofenrohr ist meiner Meinung nach viel zu groß, aber da findet sich die Berlinerin in bester Gesellschaft mit anderen aktuellen Mopeds wieder. Kann man ja tauschen... :mrgreen: Ach ja...und der Pinkelbecher ist so exponiert angebracht, dass er dort unangenehm auffällt. :wink:

Ergonomie:
Aufsitzen. Passt sofort ziemlich gut, nur der Lenker könnte für mich etwas breiter sein. Ja, ich gebe zu, dass ich eine unheilbare Schwäche für Superbikelenker habe und davon nicht mehr loskomme. :oops: Rasten sind in angenehmer Lage, die Hebeleien gut zu erreichen. Beide Hebel sind nicht einstellbar, lagen bei mir aber gut zur Hand. Die Spiegel haben recht kurze Ausleger, bieten aber ein wirklich anständiges Bild vom rückwärtigen Geschehen - und das ist selbst bei touristischen Mopeds nicht selbstverständlich. Die Sitzbank ist sehr bequem und ausreichend groß. Ich habe die Stufe zum Sozius nicht gespürt, da ich etwas weiter vorne gesessen habe. Ich fürchte aber, dass die Bank für lange Touren (und solche mache ich gelegentlich...) zu weich sein könnte. Das konnte ich aber auf der knapp vierstündigen Tour nicht herausfinden.

Motor:
Ja, ja, ja! Das wird ja immer als erstes gelesen, wenn es um Beurteilungen von Zweirädern geht...also los... Startknopf gedrückt und...und...und... 8O Das Teil klingt wie 'ne Mischung aus Großroller und Kleinboxer. :lol: Jau, ich weiß, dass der Reihentwin wie'n Boxer klingen soll - aber doch nicht sooo mau! Die große GS klingt doch inzwischen dank Auspuffklappe auch ziemlich vulgär (für BMW-Verhältnisse!) - aber hier... :( Okay, also lieber fahren als horchen. Das Getriebe schaltet mit leisem Klack und ist sehr präzise. Auch beim schlusigsten Schalten habe ich keinen Leerlauf erwischt oder laute Geräusche vernommen. Selbst das Schalten in den ersten aus dem Leerlauf ging überraschend leise und vor allem leicht vonstatten. Allerdings empfand ich die Übersetzung als zu lang. Im 6. Gang liegt die Drehzahl ca.10% unter der der Kilo-SV. Da das Getriebe sportlich eng gestuft ist (ist das bei einem Tourer denn wirklich nötig?), bin ich alle Fahrsituationen eine Gangstufe niedriger als bei meinem Moped angegangen. Der Motor schiebt ordentlich von unten, selbst im letzten Gang kann man ab 2.000 U/min. problemlos den Hahn aufreißen, ohne dass sich der Antrieb unwillig schütteln würde. Der Durchzug ist satt und wird dem Hubraum gerecht. Für Umsteiger von der 650er SV zaubert das bestimmt ein fettes Grinsen ins Gesicht. :mrgreen: Aber selbst für Umsteiger aus der 1l-Klasse ist der Vortrieb ausreichend satt. Der Motor zieht das ganze Drehzahlband bis ca. 8.500 U/min. recht gleichmäßig durch - mit einem kleinen Extraschub ab 6.000 U/min. Vibrationen gibt es kaum, und die, die man spürt, sind nach meinem Empfinden nicht kernig genug. Dieser Motor ist eindeutig in Richtung Komfort entwickelt worden und mit Sicherheit kein typischer Vertreter der 2-Zylinder-Garde. Ab 4.500 U/min. werden die Vibrationen spürbar stärker, gehen aber immer noch eher in Richtung kribbeliger 4-Zylinder. Die Gasannahme ist direkt, aber nicht nervös - sehr angenehm. Der Verbrauch lag bei touristischer bis sportlicher Fahweise bei knapp 4,5l! :top: Ein aus meiner Sicht sehr gelungener Motor, wenn er auch nicht meinen Geschmack trifft. Mir fehlt es etwas an emozione! Ansonsten aber: gut gemacht! :D

Fahrwerk:
Jau - das war die Abteilung "staunen und wundern" für mich! 8O Es ist für mich unfassbar, was in zehn Jahren Zweiradentwicklung passiert ist - und wie gut BMW meiner Meinung nach seine Hausaufgaben gemacht hat. :top: Vom ersten Meter an hat sich die Fuhre sehr vertrauenerweckend angefühlt, nach wenigen Kilometern fühlt ich mich auf ihr so zuhause, dass ich mit gleichem Elan wie mit meiner Schwatten unterwegs war (Achtung: der Schreiberling dieser Zeilen neigt zuweilen zu schwuchteligem Fahrverhalten beim Durcheilen von Kurven und darf nicht als Maßstab für heldenhafte Herbrenner in Tateinheit mit dem Vernichten von Fußrastenauslegern und Schleifpads auf Knien und Ellenbogen herhalten!). Das Fahrwerk ist relativ komfortabel, ohne dass es an präziser Straffheit fehlen würde. Beim scharfen Bremsen taucht die Gabel nicht unnötig weit ein - wobei sich hier im Anschluss wieder mal die Frage stellt, warum BMW weiterhin dem Telelever treu bleibt? :denk: Das Moped lässt sich spielerisch aus der Mittellage heraus in Schräglage bringen und fühlt sich dabei sehr souverän an. Wechselkurven gehen ebenfalls sehr leicht von der Hand. Habe gerade noch mal geschaut: wenn man den Katalogen glauben darf, sind es gerade einmal vier Kilogramm Gewichtsunterschied zwischen der Spandauerin und der Kilo-SV. 8O Egal wie viel Kohle ich schon in das Fahrwerk der Schwatten investiert habe - sie ist weit von der Leichtfüßigkeit und Souveränität der BMW entfernt. Dass ich das mal über eine BMW schreiben würde... :roll: Es gibt einen Lenkungsdämpfer, den ich währen der ganzen Fahrt nicht bemerkt habe - so soll's sein! :top: ABS? Funktioniert! :lol: Ich durfte es gleich nach 500 Metern (!) testen, als mir auf einem asphaltierten Feldweg ein 7,5-Tonner mit optimistischer Linienwahl auf meiner Seite entgegnen kam. :roll: Die Vorderradbremse hat einen klaren Druckpunkt und ist gut zu dosieren, ohne zu aggressiv zu sein. Das passte mir ebenfalls sehr gut. Eine Hinterradbremse ist auch vorhanden und macht zumindest etwas mehr Eindruck als die der SV.

Alltag:
Es gibt einen Hauptständer - und das trotz des Riemenantriebs. Ich habe mich inzwischen an das Fehlen eines selbigen bei aktuellen Modellen gewöhnt und kann deshalb gar nicht mehr beurteilen, ob dieser nötig wäre. :idee: Bei einem Ketten-getriebenen hingegen... Der Tank ist aufgrund des geringen Verbrauchs mit 15l ausreichend groß, so dass man gut 300 Kilometer am Stück schaffen sollte. Die Gepäckbrücke sowie zahlreiche weitere Möglichkeiten durch Befestigungspunkte für Gurte sind ebenfalls lobend zu erwähnen.

Fazit:
Ja...und nein! :lol: Ein erstaunlich "perfektes" Moped hat BWM da auf die Beine gestellt. Und das ist - für mich zumindest - das Ausschlaggebende dafür, dass dieses Modell für mich nicht in die engere Wahl kommen würde. Es fehlt am Ende etwas an Emozionalität. Aber das werden die Macher mit Sicherheit nicht im Blick gehabt haben. Zum Posen ist das Teil eh nicht gedacht, und so werden es die "Vernunftkäufer" sein, die der Hersteller damit anspricht. Und für die - passt dieses Teil ganz hervorragend!

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 10:25
von guzzistoni
Ich habe mal die F800R und F800S zur Probe gefahren und kann Deinen Bericht Teo nur bestätigen.
Sind wirklich gute Moppeds -- aber es fehlt der Aha-Moment ... eben fast perfekt, wie BMW das so macht.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 11:19
von jubelroemer
Mich stört bei BMW eher die Preisgestaltung.
Der Grundpreis mag ja noch in Ordnung gehen, aber mit ein paar Extras landet man in Sphären wo man eigentlich nicht hin wollte.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 11:39
von Soul
Teo hat geschrieben:...Egal wie viel Kohle ich schon in das Fahrwerk der Schwatten investiert habe - sie ist weit von der Leichtfüßigkeit und Souveränität der BMW entfernt...
Ist das heute nicht generell der Fall zu allen modernen Fahrzeugen? Mittlerweile hat sich doch die Verteilung der Massen komplett verändert, womit die Fahrzeuge zwar noch annähernd gleich wiegen, aber durch die Verteilung ein gänzlich anderes Handling zustande kommt. Hinzu kommen dann eben noch die etwas moderneren Federsysteme und die Entwicklung der Reifen, wobei ich denke, dass hauptsächlich die andere Massenverteilung und Ergonomie zu einem besseren Fahrverhalten beiträgt. Sprich, du kannst an der SV neue Reifen aufziehen und ein anderes Fahrwerk einbauen, aber die Gewichtsverteilung bleibt eben unverändert....weißt, was ich mein?

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 12:21
von grosSVater
Sehr geiler Bericht Teo :top:

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 15:45
von Teo
Soul hat geschrieben:...weißt, was ich mein?
Klar - ist angekommen! :top: Ich denke auch, dass das Thema Gewichtsverteilung neben der generellen Verbesserung der Fahrwerke die Hauptursache dafür ist. Ich war auf das bessere Fahrverhalten innerlich auch vorbereitet - hatte mir den Unterschied aber nicht so groß vorgestellt.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 15:49
von Teo
jubelroemer hat geschrieben:Der Grundpreis mag ja noch in Ordnung gehen, aber mit ein paar Extras landet man in Sphären wo man eigentlich nicht hin wollte.
Und genau darauf setzt man bei BMW auch! :wink: Da die Klientel sowieso in Richtung 50+ tendiert und in der Regel über höhere Einkommen verfügen, wird den Kunden über teils sehr teure Extras noch ordentlich Geld aus dem Portmonä... :( hell Portemonnai... :( hell aus der Geldbörse :lol: gezogen.

Wer möchte schon in Fahrzeug in Basisausstattung haben? Funktioniert in der Autowelt ja auch bestens!

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 15:52
von guzzistoni
Wobei ich mich frage, ob alle diese modernen und Errungenschaften der Technik nicht viele Menschen überfordert und zu unvorsichtigem Fahren verleitete, in der Hoffnung sie seien auf diesen technisch hochwertigen Geräten Herr über die Physik geworden.
Für viel wäre weniger mehr.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 22:25
von Teo
Grundsätzlich stimme ich dir zu! :D Wobei ich liebend gerne ein ABS hätte. Dagegen spricht aus meiner Sicht wirklich gar nichts - außer vielleicht der Beherrschungswahn einiger Alphatierchen. :lol: Auf die anderen Errungenschaften in Sachen elektronischer Helferlein kann ich (noch?) verzichten.

Aber das Zeugs ist halt günstig zu bauen / programmieren und am Ende teuer zu verkaufen. Und bei vielen setzt dann dieser "must have"-Effekt ein.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 18.07.2014 22:30
von guzzistoni
jaja, so ist das wohl und ABS hätte ich auch gerne :!:

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 28.07.2014 22:48
von Kerberos
Kann das für Fahrwerk, Motor und Ergonomie bestätigen. BMW achtet sehr auf ein 1a Fahrwerk und Fahrerergonomie.
Die Preise sind gesalzen und die 800er Motoren von Rotax lassen jede Emotion missen.
Wenn ich an den Charakter der SV denke :mrgreen:

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 30.07.2014 12:01
von Metalhead71
Kerberos hat geschrieben:Kann das für Fahrwerk, Motor und Ergonomie bestätigen. BMW achtet sehr auf ein 1a Fahrwerk und Fahrerergonomie.
Die Preise sind gesalzen und die 800er Motoren von Rotax lassen jede Emotion missen.
Wenn ich an den Charakter der SV denke :mrgreen:
Es liegt nicht am Motor von Rotax. Eher an der Abstimmung der Zündungszeiten. Hör Dir den Motor mal in der Husky Nuda an - das kann man trotz Reihe vom Sound her schon für einen V2 halten.

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 02.08.2014 13:18
von mattis
Metalhead71 hat geschrieben:Es liegt nicht am Motor von Rotax. Eher an der Abstimmung der Zündungszeiten. Hör Dir den Motor mal in der Husky Nuda an - das kann man trotz Reihe vom Sound her schon für einen V2 halten.
Ack. Ein Jammer das die Konfiguration nicht noch in weiteren Maschinen verbaut wurde.
Ein echtes Sahnestück von Motor :D

Re: Fahrbericht BMW F800GT

Verfasst: 02.08.2014 14:35
von 1ROD
grosSVater hat geschrieben:Sehr geiler Bericht Teo :top:
auf jeden Fall :top:
jubelroemer hat geschrieben:Mich stört bei BMW eher die Preisgestaltung.
Der Grundpreis mag ja noch in Ordnung gehen, aber mit ein paar Extras landet man in Sphären wo man eigentlich nicht hin wollte.
Nicht hin will oder auch nicht hin kann, Mopped fahren ist bei aller Liebe auch immer noch n Hobby.... :roll: