Aus Plug’n’play wird Hack’n’slay!
Nachdem nun das Zündschloss an seinem neuen Platz in der Gixxer-Gabelbrücke eingebaut war, konnte ich zum ersten Mal probesitzen. Wirklich gut! Die Stummel sind etwas tiefer als bei der SV – ob das mit der Verkleidung wohl passt? Egal, das haben andere auch schon hinbekommen… Gut, um den Tag nun abzuschließen, testete ich zufrieden die Funktion des Zündschlosses. Alles funkionierte tagellos, der Lenker konnte von Anschlag zu Anschlag gedreht werden, das Lenkkopflager war gut eingestellt und alles fühlte sich richtig richtig gut an! Ich hatte von vorherigen Umbauen immer noch den Beigeschmack, dass manches von der Funktion her schon in Ordnung war, aber optisch leider eher nach… Eigenbau aussah. Diesmal sollte es fast wie original aussehen. Deshalb ja auch die ganzen Originalteile. Ich kann mich heute noch erinnern, wie gut ich drauf war. Ich sprach sogar mit mir selbst, als ich die verschiedenen Tests durchging…
„Lenkanschlag links? Funktioniert! Lenkanschlag rechts? Passt auch! Zündung und Kabellängen sowieso? Jap. Und zu guter Letzt das Lenkschloss, was ebenfalls Plug’n’play passt… was ebenfalls… plug’n‘… … … irgendwas stimmt da nicht…“
Die Begeisterung war vom einen auf den anderen Moment verflogen. Wo war der Fehler? Ich wusste eigentlich aus etlichen Umbauberichten, dass das Lenkschloss auf Anhieb passen sollte – das war auch eines der Totschlagskriterien des TÜVs. Aber warum zum Teufel klappte es nicht? Der Schlüssel rastete nicht ein, man konnte ihn aber geschätzt 90-95% in Richtung „Locked“ drehen, es fehlte also nur ein kleines Stückchen, wenige Millimeter. Hatte ich einen Fehler gemacht?
Da das Schloss ein ziemlicher Klopper ist und keinen Blickkontakt zulässt, musste ich raten und ausprobieren. Eine U-Scheibe zu viel? Eine zu wenig? Einseitige Unterschiede? Mh… Witziger Weise funktionierte das Lenkschloss, wenn das Zündschloss nicht gänzlich festgeschraubt war. Das bedeutete, dass die Höhe schon i.O. war, es fehlten nur 1-2mm Weg. Da ich so erstmal keine Lösung finden konnte, machte ich mich an die übrigen Baustellen. Ich kann euch aber sagen, dass mich das tierisch gewurmt hat. Wenn schon der Plug’n’play-Teil Ärger macht, wie wird es dann erst mit richtigen Problemen sein? Meine Laune wurde dann auch nicht gerade verbessert, als ich am Sonntagmorgen in meine Garage kam und feststellen musste, dass jemand mein gesamtes Proxxon-Werkzeug gestohlen hatte… Einen großen Werkzeugkasten und einen damals über 100€ teuren Drehmomentschlüssel.
Baustelle Nr. 2: Gute Bremsen
Ich konnte zum Glück ordentlich erhaltene 6-Kolben-Stopper der Gixxer ergattern. Die mussten erstmal ordentlichst gereinigt werden (was ca. einen halben Tag in Anspruch nimmt, wenn man es gründlich machen möchte). Immerhin sind die Dinger auch schon mindestens 17 Jahre alt. Zwar habe ich sie nicht zerlegt, aber ansonsten von außen ordentlich durchgeschrubbt, sodass sie sich wieder sehen lassen können.
Dann musste das aktive Bremsmaterial her. Da ich, wie schon beschrieben, von gebrauchten Bremsen wenig halte musste etwas Neues her. Ich habe da noch unseren Dorfschrauber aus Schulzeiten im Kopf, der bei vordergründig finanziell gesteuerten Gebrauchtteileanfragen von uns Jugendlichen immer lachte „Benutzt ihr etwa auch gebrauchte Kondome?!“. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Hardy von HaReuTec (Forumshändler), der mich wirklich toll beraten hat und mit den Herstellerfirmen in Kontakt getreten ist! So habe ich mich dann für Brembo-Bremsscheiben entschieden – hinten gleich mit – inkl. knackigen Brembo-Belägen. Laut Hardy handelt es sich bei den Scheiben um die Erstausrüstung der 1098 und 1098 S. Kann also so schlecht nicht sein!

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Was mich an der SV-Bremse auch oft störte war der lange Bremshebelweg. Dieses Gefühl, als greife man in ein Kissen gefüllt mir frisch gekochtem Griesbrei… Aus meiner Erfahrung mit der Nr. 3, bei der ich eine 16mm Magura-Pumpte verbaut hatte, die auch nicht sehr viel Verbesserung brachte, stieg ich diesmal auf eine 19mm Radialzange von Nissin um. Diese stammte im Original von einer 2009er GSX-R 1000. Hier wartete das nächste Problem, eigentlich mehrere:
Die Bremspumpe wurde ohne Ausgleichsbehälter geliefert. Wunderbar! Also bei Suzuki angerufen. Bestellt und… nichts kommt. Nochmals angerufen (nachdem über eine Woche vergangen war), da hieß es: „Achso… äh ja, die Sachen liegen hier… Wo soll das nochmal hin?“ Hmpf… Wieder eine Woche gewartet, wieder kam nichts. Nochmals angerufen, wieder kam nichts. Ein anderer Händler sagte mir, dass er nichts verschicken würde, ich sollte es abholen. Da ich Pendler bin und Samstags bis Nachmittags in einer Weiterbildung hocke, fiel das erstmal flach. Letztendlich habe ich mir dann den Weg über Microfiche-Seiten gesucht und bin später bei kfm-Motorräder gelandet. Ein Superladen! Freundlich, schnell, informiert… leider auch mit 9€ Versand nicht gerade günstig, aber hey… man kommt an die originalen Teile!
Hier ein paar Hilfreiche Links, falls ihr mal etwas braucht:
• EU:
https://www.motorcyclespareparts.eu/suz ... 51824.aspx
• US:
http://www.ronayers.com/oemparts/a/suz/ ... 0x-y-k1-k2
• NL (inkl. Aprilia und Co):
https://www.oemmotorparts.com/oem5.asp? ... 4_-2096050
Mit den Teile-Nummern der EU-Seite könnt ihr euch dann an kfm-Motorräder wenden und dort bestellen:
•
http://www.kfm-motorraeder.de/
Das nächste Problem an dieser Baustelle waren unterschiedliche Gewinde in den Hohlschrauben. Auch hier musste nachbestellt werden. Ich entschied mich allerdings direkt für eine Schraube von ProBolt, mit passendem Gewinde in Doppel-Schlauch-Ausführung. Also in der Garage die Gewindelehre zur Hand genommen, angepasst und bestellt – per Handy. Am Ende des Bestellvorgangs brach die Internetseite weg. Keine Bestätigungsmail, kein eingerichteter Account. Nur eine Abbuchung über Paypal. Wieder etwas, um sich die Haare zu raufen. Am Montag rief ich bei der deutschen Vertretung an (ProBolt ist britisch, soweit ich weiß). Die müssten erstmal nachforschen. Zum Glück ging die Bestellung wohl durch, also hieß es wieder abzuwarten. Eine Woche… Zwei Wochen… nichts. Also rief ich nochmal dort an. Die nette Dame sagte mir, dass das Paket unzustellbar zurückgekommen sei – WTF?! (An dieser Stelle war so ziemlich das Höchstmaß an nervlicher Belastbarkeit erreicht!)
Sie war dann so nett, das Paket nochmal per DHL statt per DPD zu verschicken und 2 Tage später hatte ich es schon in der Hand. Die Gute hat sogar ein Entschuldigungsschreiben dazugelegt, eine Tüte Gummibärchen und der Versand ging diesmal aufs Haus. Top! Meine Laune besserte sich
Neu Verkuppeln
Wo wir gerade beim Lenker sind: Die neue Kupplungsamatur musste auch ran. Warum eine neue? Auf jeden Fall, weil die originale ja das Spiegelgewinde in der Schelle hatte, aber ich glaube auch, dass es zu Problemen wegen der Form kam – heute bin ich mir da nicht mehr sicher, aber ich glaube, da gab es keinen Weg dran vorbei. Also auch dort einen neuen Kupplungsschalter gekauft, weil dieser nicht identisch war. Letztendlich passte hier nicht der Schalter oder das Signal oder sonst was. Fragt mich bitte nicht, für solche Elektronik-Themen hatte ich immer Hilfe. Gelöst haben wir das Problem, indem wir den Schalter entfernt haben. Soweit ich weiß, muss man bei vielen Motorrädern heutzutage nicht mehr die Kupplung ziehen, um sie zu starten, da wird das schon kein Problem sein. Und siehe da, war es letztendlich auch nicht.
Zwischenfazit
Mittlerweile waren schon mehrere Monate vergangen. Ich bin Hobbyschrauber und habe in meiner Garage weder Licht, noch Strom, noch Heizung. Der Winter war vorbei und so langsam hätte ich gern wieder fahrbereit sein wollen. Es war aber hier schon abzusehen, dass noch weit mehr Zeit in Ansprung genommen würde. Wie ihr seht, können gerade die kleinen Dinge unglaublich nerven und aufreiben. Und genau da kann es richtig ins Geld gehen. Ich glaube, allein der Kupplungsschalter der Gixxer hat mich (natürlich neu) knapp 20€ gekostet. ProBolt-Schauben tun ihr übriges dazu (können dafür in Racing-Ausführung direkt mit Sicherhungsdraht versehen werden – Top!). Es sind besonders diese kleinen Eventualitäten, die man zuvor nicht sieht oder einschätzen kann. Man hat das Gefühl, dass für jedes gelöste Problem zwei neue auftauchen.
Wie man dann an der Stange bleibt? Mh, gute Frage! Zum einen hatte ich mir in Photoshop ein Wunschbild der fertigen Maschine gebastelt und als Desktophintergrund eingerichtet. So hat man das Ziel immer vor Augen. Und ansonsten hilft die "How to eat an elephant"-Regel ganz gut. Grob zusammengefasst sagt die nur aus, dass man auch große Probleme bewältigt, indem man sie in kleine Aufgaben teilt, einfach anfängt und immer nur bis zur nächsten Teilaufgabe denkt. Die "Elefanten-Regel" drückt das mit "Spoon by spoon" oder "Löffel für Löffel" aus. Warum man gerade einen Elefanten mit einem Löffel essen soll, habe ich nicht verstanden. Aber ich glaube, das war auch nicht der Knackpunkt der Geschichte.
Wenn man sich hören sagt "Ich habe erst 20 Punkte meiner Liste abgearbeitet, da stehen aber noch 513 drauf...", dann hat man schon verloren! Wenn ich so zurückdenke, war das die stressigste Zeit. Ob es aber auch daran liegt, dass man irgendwann abhärtet und sich eh daran gewöhnt hat, eine Saison lang auszufallen, weiß ich nicht.
Langsam war das Licht am Ende des Tunnels zumindest zu erahnen!
To be continued…